GCB Kunstlexikon
FARBENLEHRE
VIDEO / FILM FARBENLEHRE
Die Farblehre nach Johannes Itten | Der Kunsterklärer | Unser heutiges Verständnis von den Farben beruht zu großen Teilen auf dem Farbsystem von Johannes Itten (1888 – 1967). Sein Farbkreis und die Definition der wichtigsten Kontraste sind für unsere Bildbetrachtung und -analyse unverzichtbare Grundlagen. In diesem Video betrachten wir Ittens Farblehre, seinen Farbkreis und die sieben Farbkontraste | YouTube
DEFINITION FARBENLEHRE
Wissenschaft der Farben | Grundlage für die Kunst, Farben zu nutzen | Ordnung der Farben in Systeme | Wahrnehmung der Farben durch Menschen | Grundlagen zum Mischen von Farben | Farbharmonie | Farbgegensätze
CHRONOLOGIE
Goethes Farbverständnis
Goethe beschäftigte intensiv auch mit dem Wesen „Der Farbe“, die in seinem Gesamtweltbild als Einheit stand, und mit der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farbe | Rund 150 Jahre nach Newtons wissenschaftlichen Experimenten mit Licht nahm er an, dass weißes Licht nicht additiv aus verschiedenen Spektralfarben zusammengesetzt ist, sondern dass die Farben durch eine dualistische Wechselwirkung von Licht und Finsternis entstünden | Ihn interessierte das Phänomen der farbigen Schatten als Teil einer wesensgemäßen Farbtheorie | Die Newtonsche Optik zeigte wissenschaftlich, dass ein Farbspektrum von einem im Prisma gebrochenen Lichtstrahl ausgeht. Goethe meinte von seinen Lichtexperimenten ableiten zu können, dass durch „Übereinanderschieben“ von Hell und Dunkel im Prisma ein gelber und ein blauer Rand entstünde. Diese Ränder vermischten sich je nach dem Anteil von Hell und Dunkel zu Grün oder Rot, so entstünden die Farben des Regenbogens – rot, gelb, grün, blau, violett | Gelb bedeute einen größeren Hellanteil, Blau überwiegendes Dunkel | In Goethes Verständnis der Farbigkeit ist die Harmonie von Farbe im Kampf zwischen Hell und Dunkel zu suchen. Gelb, der „Sieg“ des Hellen, habe eine leichtlebige Wirkung, Blau eine dämpfende. Purpur sei die höchste Steigerung, weil sich die Gegensätze die Waage hielten.
Am Schluss seines Werkes Zur Farbenlehre (1810) behauptete Goethe noch folgende dualistische Grundphilosophie, in der Auseinandersetzung mit Newtons optischen Experimenten von 1666 | „Das Licht ist das einfache, unzerlegteste, homogenste Wesen, das wir kennen. Es ist nicht zusammengesetzt. Am allerwenigsten aus farbigen Lichtern. Jedes Licht, das eine Farbe angenommen hat, ist dunkler als das farblose Licht. Das Helle kann nicht aus Dunkelheit zusammengesetzt sein. – Es gibt nur zwei reine Farben, Blau und Gelb. Eine Farbeigenschaft, die beiden zukommt, Rot, und zwei Mischungen, Grün und Purpur; das übrige sind Stufen dieser Farben oder unrein. – Weder aus apparenten Farben kann farbloses Licht noch aus farbigen Pigmenten ein weißes zusammengesetzt werden. Alle aufgestellten Experimente sind falsch oder falsch angewendet.“ | Zwei Jahrhunderte nach der Veröffentlichung von Goethes Werk besitzt sein Beitrag „Zur Farbenlehre“ vorwiegend kulturhistorische Bedeutung. Seine Überlegungen zu den physiologischen Farben und deren Wirkung für den Betrachter wurden aufgegriffen und weiterentwickelt. Seine Beobachtungen und Methoden in Bezug auf die Wirkung der Farben sind als Beginn der modernen Farbpsychologie anzusehen. Farbe beeinflusse das Gefühl und wirke dadurch direkt auf die „Seele“ und somit auch auf die Einheit von Körper und Geist. Goethe unterteilte in „schöne“, dem Betrachter sympathische, Farben und jene, die dem Auge weh täten und somit unsympathisch seien.
Eugène Chevreul und Gertrud Grunow
Eugène Chevreul befasste sich mit dem intensitätssteigernden Simultankontrast der Pigmente in ihrer industriellen und künstlerischen Bedeutung | Gertrud Grunow befasste sich dagegen mit den entsprechenden motorischen Wirkungen der Farbe
Physikalische Ansätze
James Clerk Maxwell wies 1861 nach, dass sich jede Farbe aus den Primär- oder Grundfarben Rot, Grün und Blau zusammensetzt | sogenannte ‚Farb’lichter |
Mit dem Einsetzen der Industrialisierung stiegen die Anforderungen der Unternehmen an eine Normierbarkeit von Farbe | Die Entwicklung der Photographie, die Entdeckung neuer Elemente durch die Methode der Spektralanalyse beförderte die Fragestellungen nach Ursachen und Zusammenhängen | Ostwalds Farblehre sollte ein Hilfsmittel für den Maler sein, sein Ausgang aber war das gegensätzliche, physikalische Verständnis von Farbe mittels seiner Energieauffassung.
Munsell-Farbsystem
Der amerikanische Maler A.H.Munsell gestaltete einen Katalog von Farben so, dass zwischen allen Farbnuancen seiner Empfindung nach gleiche Abstände entstanden | „A Color Notation“ von 1905 ist ein Atlas von Farbproben | Dabei war er zunächst nach N. O. Roods ebenfalls vom damals üblichen Farbkreis ausgegangen | Der Farbkreis wirkte als ideale Figur glaubhaft für die Sensitivität der Farben | Doch während seiner Entwicklung kam er darauf, dass sich der Kreis und dreidimensional die Farbkugel nicht bestätigen ließen | Mit den in den 1900er Jahren zugänglichen Farbmitteln formulierte er so einen Farbraum. Dem Farbton («Hue») ordnete er 100 Stufen zu, wobei er von fünf Hauptfarben (yellow-green-blue-purple-red) und fünf Nebenfarben (YG>BG>PB>RP>YR) ausgeht. Für die Ordnung der Farben in der dritten Dimension legte er zehn V-Units («value» = Helligkeitswert) zu Grunde. Hierzu teilte er die unbunten Farben zwischen Schwarz mit 0 und Weiß mit 100 in zehn Stufen von unterschiedlichen Neutralgrau. Als dritte Koordinate wählte er den C-Wert, die Chroma ist das Maß der Sättigung und sie wurde als offene Skala gewählt. Mit seiner Erfahrung als Maler kam Munsell zur Erkenntnis, dass sich die als Grundlage gewählten verschiedenen Grundfarben, Nebenfarben und Zwischentöne mit unterschiedlichen «chroma»-Stufen ausfärben lassen.
Farbkreis nach Johannes Itten (1961)
Johannes Itten (1888–1967) war Zeichenlehrer am Bauhaus und differenzierte die Farbtöne durch die Komplementärfarben Orange, Grün und Violett | Er entwickelte einen neuen Farbkreis | Weiß und Schwarz bezeichnete er als „Nicht-Farben“ | Sein dreidimensionales Ordnungsmodell der Farben war die Kugel, welche Philipp Otto Runge im Jahre 1810 entwickelt hatte | Auf der Idee seines Lehrers Adolf Hölzel stellte er seine Theorie der „Sieben Farbkontraste“ auf | Diese stellte die gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung von Farben untereinander dar | Ist eine Harmonielehre!
Der Farbkörper der Farbenlehre nach Harald Küppers
Harald Liebedank Küppers –> technisch orientierte Farbenlehre (2. Hälfte des 20. Jahrhunderts) | „Funktionsprinzip des Sehorgans das Grundgesetz der Farbenlehre“ | Er definierte acht Farben, welche als deckende Farbmittel nicht durch Mischungen hergestellt werden können | Grundfarben sind sechs bunte und zwei unbunte | Sein dreidimensionales geometrisches Ordnungssystem der Farben ist ein Rhomboeder, ein über die senkrecht gestellte Schwarz-Weiß-Diagonale gestreckter RGB-Würfel | Die „reinen bunten Farben“ ordnet er auf seinem Buntarten-Sechseck an | Es gibt laut Küppers nur lineare Beziehungen zwischen sämtlichen Farbnuancen | Auf der „Unbuntachse“ des Rhomboeders liegen zwischen Schwarz und Weiß die Grautöne | Schwarz sei „die Basisempfindung des Sehorgans“ | In seinem „Basisschema der Farbenlehre“ weisen die schwarzen Rhomben in der Mitte auf drei „Urfarben“ („Empfindungskräfte“ des Sehorgans): Orangerot (R), Grün (G) und Violettblau (B). Durch jeweils zwei „Empfindungskräfte“ gemeinsam entstehen die anderen drei bunten Farbempfindungen Gelb (Y), Magentarot (M) und Cyanblau (C) | Wirken alle drei Empfindungskräfte gleichzeitig vollständig, führt das zur Farbempfindung Weiß!
Für deckende Farbmittel entwickelte er seine „Integrierte Farbmischung“ –> Die sechs bunten Grundfarben im Zackenring weisen auf die Ecken des Buntarten-Sechsecks hin. | Schwarz und Weiß an den Enden der „Unbunten-Geraden“ sind die unbunten Grundfarben | Küppers‘ Ansichten stehen vielfach im Widerspruch zum Stand der Wissenschaft.
WEGBEREITER
Demokrit | um 460 v. Chr. bis um 370 v. Chr. | Philosoph
Leonardo da Vinci |1452–1519 | Maler
Isaac Newton | 1643–1727 | Physiker
Louis-Bertrand Castel |1688–1757 | Mathematiker und Physiker
Tobias Mayer | 1723–1762 | Astronom, Geo- und Kartograf, Mathematiker und Physiker
Johann Heinrich Lambert | 1728–1777 | Mathematiker, Physiker
Christian Ernst Wünsch |1744–1828 | Mathematiker, Mediziner
Matthias Klotz | 1748–1821 | Maler
Johann Wolfgang von Goethe | 1749–1832 | Schriftsteller, Universalgelehrter
Christian Friedrich Prange | 1752–1836 | deutscher Akademiker im Bereich der bildenden Künste
Arthur Schopenhauer | 1788–1860 | Philosoph
Thomas Young | 1773–1829 | Augenarzt und Physiker
Philipp Otto Runge | 1777–1810 | Maler
George Field | 1777–1854 | englischer Chemiker
Eugène Chevreul | 1786–1889 | Farbchemiker
Jan Evangelista Purkyně | 1787–1869 | Sinnesphysiologe
Gustav Theodor Fechner | 1801–1887 | Mediziner, Naturphilosoph
Hermann Graßmann | 1809–1877 | Mathematiker, Sprachwissenschaftler, Physiker
Hermann von Helmholtz | 1821–1894 | Physiker, Universalgelehrter
Wilhelm Wundt | 1832–1920 | Physiologe
Ewald Hering | 1834–1918| Physiologe
Wilhelm von Bezold | 1837–1907 | Physiker
Wilhelm Ostwald | 1853–1932 | Universalgelehrter
Adolf Hölzel | 1853–1934 | Maler und Dozent
Albert Henry Munsell | 1858–1918 | Maler
Robert Thomas Dietrich Luther | 1868–1945 | Photograph
Paul Baumann | 1869–1961 | Farbtonkartenhersteller und Verleger
Otto Prase | 1874–1956 | Malermeister
Erwin Schrödinger | 1887–1961 | Quantenphysiker
Johannes Itten | 1888–1967 | Bauhausmeister (Malerei)
Josef Albers | 1888–1976 | Malerei, Kunsttheorie
Hinnerk Scheper | 1897–1957 | Bauhausmeister (Malerei) und Farbgestalter
Siegfried Rösch | 1899–1984 | Mineraloge
Manfred Richter | 1905–1990 | Physiker
Heinrich Frieling | 1910–1966 | Farbenpsychologe, Zoologe
Max Lüscher | * 1923 | Schweizer Psychologe und Philosoph, entwickelte und veröffentlichte 1947 den Lüscher-Farbtest
Harald Küppers | * 1928 | Experte für Drucktechnik und Farbentheorie
STICHWORTE
Farben | Farbenlehre | Farbtheorien | Farbpsychologie | Farbpigmente | Farbphysik | Farbkreis | Kütters | Itten | Munsell | Licht | Farbkontraste | Komplementärfarben | Farbmodelle | Farbigkeit | Kolorit | Harmonie | Licht und Schatten | Farbindustrie | Öl | Acryl | Gouache | Aquarell | Tempera | Mineralien | Technik | Unfarben | Cyan | Gelb | Magenta
ZITATE
„Ich habe nichts dagegen, wenn man die Farbe sogar zu fühlen glaubt;
ihr eigenes Eigenschaftliche würde nur dadurch noch mehr betätigt.“ | Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
„Die Erfahrung lehrt uns, daß die einzelnen Farben besondre Gemütsstimmungen geben.“ | Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
„Statt zu versuchen, genau das wiederzugeben, was ich vor Augen habe, bediene ich mich der Farbe viel willkürlicher, um mich kraftvoll auszudrücken.“ | Vincent van Gogh (1853 – 1890)
„Er [Goethe] liest uns jetzt über die Farben, sagt, daß sie in unsern Augen liegen, drum verlange das Auge die Harmonien der Farben, wie das Ohr der Töne.“ |Charlotte von Stein (1742 – 1827), Hofdame der Herzogin Amalie in Weimar, 1775 verliebte Goethe sich in sie | In einem Brief an ihren Sohn Fritz am 15. Februar 1806
BIBLIOGRAPHIE
Johannes Itten: Kunst der Farbe: Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst. Studienausgabe. Otto Maier Verlag, Ravensberg 1961, Verlag Seemann, 2001, ISBN 3-363-00980-1.
Karl-Otto Jung: Farben-Sehen. Zum künstlerischen Gebrauch der Farben. Galda + Wilch Verlag, Glienicke/Berlin/Cambridge 1988, ISBN 978-3-931397-19-7.
Harald Küppers: Farbe verstehen und beherrschen. Praktische Farbenlehre. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2004, ISBN 3-8321-7434-6.
Harald Küppers: Das Grundgesetz der Farbenlehre. DuMont, Köln 1978; 10. Auflage ebenda 002, ISBN 3-8321-1057-7, Taschenbuch. Kompendium und didaktische Konzeption für den Unterricht.
Harald Küppers: Einführung in die Farbenlehre. DuMont, Köln 2005, ISBN 978-3-8321-6403-4.
Ellen Marx: Farbintegration und Simultankontrast. Muster-Schmidt, Zürich/Göttingen 1989, ISBN 3-7881-4045-3.
Albert Henry Munsell: A Color Notation. Boston 1905.
Albert Henry Munsell: The Atlas of the Munsell Color System. Boston 1915.
Johannes Pawlik: Theorie der Farbe. DuMont, Köln 1990, ISBN 3-7701-0510-9.
Johannes Pawlik: Praxis der Farbe. Bildnerische Gestaltung. DuMont, Köln 1981, ISBN 3-7701-1238-5.
Werner Spillmann: Farb-Systeme 1611-2007. Farb-Dokumente in der Sammlung Werner Spillmann. Schwabe, Basel 2009–10.
Klausbernd Vollmar: Sprache und Macht der Farben. ars momentum, Witten 2007, ISBN 978-3-938193-34-1.
Moritz Zwimpfer: Farbe.Licht.Sehen.Empfinden. – Eine elementare Farbenlehre in Bildern. Paul Haupt, Bern/Stuttgart 1985, ISBN 3-258-03504-0.
LINKS
FARBENLEHRE
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Die Farblehre nach Johannes Itten | Der Kunsterklärer | Unser heutiges Verständnis von den Farben beruht zu großen Teilen auf dem Farbsystem von Johannes Itten (1888 – 1967). Sein Farbkreis und die Definition der wichtigsten Kontraste sind für unsere Bildbetrachtung und -analyse unverzichtbare Grundlagen. In diesem Video betrachten wir Ittens Farblehre, seinen Farbkreis und die sieben Farbkontraste | YouTube
DEFINITION FARBENLEHRE
Wissenschaft der Farben | Grundlage für die Kunst, Farben zu nutzen | Ordnung der Farben in Systeme | Wahrnehmung der Farben durch Menschen | Grundlagen zum Mischen von Farben | Farbharmonie | Farbgegensätze
CHRONOLOGIE
Goethes Farbverständnis
Goethe beschäftigte intensiv auch mit dem Wesen „Der Farbe“, die in seinem Gesamtweltbild als Einheit stand, und mit der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farbe | Rund 150 Jahre nach Newtons wissenschaftlichen Experimenten mit Licht nahm er an, dass weißes Licht nicht additiv aus verschiedenen Spektralfarben zusammengesetzt ist, sondern dass die Farben durch eine dualistische Wechselwirkung von Licht und Finsternis entstünden | Ihn interessierte das Phänomen der farbigen Schatten als Teil einer wesensgemäßen Farbtheorie | Die Newtonsche Optik zeigte wissenschaftlich, dass ein Farbspektrum von einem im Prisma gebrochenen Lichtstrahl ausgeht. Goethe meinte von seinen Lichtexperimenten ableiten zu können, dass durch „Übereinanderschieben“ von Hell und Dunkel im Prisma ein gelber und ein blauer Rand entstünde. Diese Ränder vermischten sich je nach dem Anteil von Hell und Dunkel zu Grün oder Rot, so entstünden die Farben des Regenbogens – rot, gelb, grün, blau, violett | Gelb bedeute einen größeren Hellanteil, Blau überwiegendes Dunkel | In Goethes Verständnis der Farbigkeit ist die Harmonie von Farbe im Kampf zwischen Hell und Dunkel zu suchen. Gelb, der „Sieg“ des Hellen, habe eine leichtlebige Wirkung, Blau eine dämpfende. Purpur sei die höchste Steigerung, weil sich die Gegensätze die Waage hielten.
Am Schluss seines Werkes Zur Farbenlehre (1810) behauptete Goethe noch folgende dualistische Grundphilosophie, in der Auseinandersetzung mit Newtons optischen Experimenten von 1666 | „Das Licht ist das einfache, unzerlegteste, homogenste Wesen, das wir kennen. Es ist nicht zusammengesetzt. Am allerwenigsten aus farbigen Lichtern. Jedes Licht, das eine Farbe angenommen hat, ist dunkler als das farblose Licht. Das Helle kann nicht aus Dunkelheit zusammengesetzt sein. – Es gibt nur zwei reine Farben, Blau und Gelb. Eine Farbeigenschaft, die beiden zukommt, Rot, und zwei Mischungen, Grün und Purpur; das übrige sind Stufen dieser Farben oder unrein. – Weder aus apparenten Farben kann farbloses Licht noch aus farbigen Pigmenten ein weißes zusammengesetzt werden. Alle aufgestellten Experimente sind falsch oder falsch angewendet.“ | Zwei Jahrhunderte nach der Veröffentlichung von Goethes Werk besitzt sein Beitrag „Zur Farbenlehre“ vorwiegend kulturhistorische Bedeutung. Seine Überlegungen zu den physiologischen Farben und deren Wirkung für den Betrachter wurden aufgegriffen und weiterentwickelt. Seine Beobachtungen und Methoden in Bezug auf die Wirkung der Farben sind als Beginn der modernen Farbpsychologie anzusehen. Farbe beeinflusse das Gefühl und wirke dadurch direkt auf die „Seele“ und somit auch auf die Einheit von Körper und Geist. Goethe unterteilte in „schöne“, dem Betrachter sympathische, Farben und jene, die dem Auge weh täten und somit unsympathisch seien.
Eugène Chevreul und Gertrud Grunow
Eugène Chevreul befasste sich mit dem intensitätssteigernden Simultankontrast der Pigmente in ihrer industriellen und künstlerischen Bedeutung | Gertrud Grunow befasste sich dagegen mit den entsprechenden motorischen Wirkungen der Farbe
Physikalische Ansätze
James Clerk Maxwell wies 1861 nach, dass sich jede Farbe aus den Primär- oder Grundfarben Rot, Grün und Blau zusammensetzt | sogenannte ‚Farb’lichter |
Mit dem Einsetzen der Industrialisierung stiegen die Anforderungen der Unternehmen an eine Normierbarkeit von Farbe | Die Entwicklung der Photographie, die Entdeckung neuer Elemente durch die Methode der Spektralanalyse beförderte die Fragestellungen nach Ursachen und Zusammenhängen | Ostwalds Farblehre sollte ein Hilfsmittel für den Maler sein, sein Ausgang aber war das gegensätzliche, physikalische Verständnis von Farbe mittels seiner Energieauffassung.
Munsell-Farbsystem
Der amerikanische Maler A.H.Munsell gestaltete einen Katalog von Farben so, dass zwischen allen Farbnuancen seiner Empfindung nach gleiche Abstände entstanden | „A Color Notation“ von 1905 ist ein Atlas von Farbproben | Dabei war er zunächst nach N. O. Roods ebenfalls vom damals üblichen Farbkreis ausgegangen | Der Farbkreis wirkte als ideale Figur glaubhaft für die Sensitivität der Farben | Doch während seiner Entwicklung kam er darauf, dass sich der Kreis und dreidimensional die Farbkugel nicht bestätigen ließen | Mit den in den 1900er Jahren zugänglichen Farbmitteln formulierte er so einen Farbraum. Dem Farbton («Hue») ordnete er 100 Stufen zu, wobei er von fünf Hauptfarben (yellow-green-blue-purple-red) und fünf Nebenfarben (YG>BG>PB>RP>YR) ausgeht. Für die Ordnung der Farben in der dritten Dimension legte er zehn V-Units («value» = Helligkeitswert) zu Grunde. Hierzu teilte er die unbunten Farben zwischen Schwarz mit 0 und Weiß mit 100 in zehn Stufen von unterschiedlichen Neutralgrau. Als dritte Koordinate wählte er den C-Wert, die Chroma ist das Maß der Sättigung und sie wurde als offene Skala gewählt. Mit seiner Erfahrung als Maler kam Munsell zur Erkenntnis, dass sich die als Grundlage gewählten verschiedenen Grundfarben, Nebenfarben und Zwischentöne mit unterschiedlichen «chroma»-Stufen ausfärben lassen.
Farbkreis nach Johannes Itten (1961)
Johannes Itten (1888–1967) war Zeichenlehrer am Bauhaus und differenzierte die Farbtöne durch die Komplementärfarben Orange, Grün und Violett | Er entwickelte einen neuen Farbkreis | Weiß und Schwarz bezeichnete er als „Nicht-Farben“ | Sein dreidimensionales Ordnungsmodell der Farben war die Kugel, welche Philipp Otto Runge im Jahre 1810 entwickelt hatte | Auf der Idee seines Lehrers Adolf Hölzel stellte er seine Theorie der „Sieben Farbkontraste“ auf | Diese stellte die gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung von Farben untereinander dar | Ist eine Harmonielehre!
Der Farbkörper der Farbenlehre nach Harald Küppers
Harald Liebedank Küppers –> technisch orientierte Farbenlehre (2. Hälfte des 20. Jahrhunderts) | „Funktionsprinzip des Sehorgans das Grundgesetz der Farbenlehre“ | Er definierte acht Farben, welche als deckende Farbmittel nicht durch Mischungen hergestellt werden können | Grundfarben sind sechs bunte und zwei unbunte | Sein dreidimensionales geometrisches Ordnungssystem der Farben ist ein Rhomboeder, ein über die senkrecht gestellte Schwarz-Weiß-Diagonale gestreckter RGB-Würfel | Die „reinen bunten Farben“ ordnet er auf seinem Buntarten-Sechseck an | Es gibt laut Küppers nur lineare Beziehungen zwischen sämtlichen Farbnuancen | Auf der „Unbuntachse“ des Rhomboeders liegen zwischen Schwarz und Weiß die Grautöne | Schwarz sei „die Basisempfindung des Sehorgans“ | In seinem „Basisschema der Farbenlehre“ weisen die schwarzen Rhomben in der Mitte auf drei „Urfarben“ („Empfindungskräfte“ des Sehorgans): Orangerot (R), Grün (G) und Violettblau (B). Durch jeweils zwei „Empfindungskräfte“ gemeinsam entstehen die anderen drei bunten Farbempfindungen Gelb (Y), Magentarot (M) und Cyanblau (C) | Wirken alle drei Empfindungskräfte gleichzeitig vollständig, führt das zur Farbempfindung Weiß!
Für deckende Farbmittel entwickelte er seine „Integrierte Farbmischung“ –> Die sechs bunten Grundfarben im Zackenring weisen auf die Ecken des Buntarten-Sechsecks hin. | Schwarz und Weiß an den Enden der „Unbunten-Geraden“ sind die unbunten Grundfarben | Küppers‘ Ansichten stehen vielfach im Widerspruch zum Stand der Wissenschaft.
WEGBEREITER
Demokrit | um 460 v. Chr. bis um 370 v. Chr. | Philosoph
Leonardo da Vinci |1452–1519 | Maler
Isaac Newton | 1643–1727 | Physiker
Louis-Bertrand Castel |1688–1757 | Mathematiker und Physiker
Tobias Mayer | 1723–1762 | Astronom, Geo- und Kartograf, Mathematiker und Physiker
Johann Heinrich Lambert | 1728–1777 | Mathematiker, Physiker
Christian Ernst Wünsch |1744–1828 | Mathematiker, Mediziner
Matthias Klotz | 1748–1821 | Maler
Johann Wolfgang von Goethe | 1749–1832 | Schriftsteller, Universalgelehrter
Christian Friedrich Prange | 1752–1836 | deutscher Akademiker im Bereich der bildenden Künste
Arthur Schopenhauer | 1788–1860 | Philosoph
Thomas Young | 1773–1829 | Augenarzt und Physiker
Philipp Otto Runge | 1777–1810 | Maler
George Field | 1777–1854 | englischer Chemiker
Eugène Chevreul | 1786–1889 | Farbchemiker
Jan Evangelista Purkyně | 1787–1869 | Sinnesphysiologe
Gustav Theodor Fechner | 1801–1887 | Mediziner, Naturphilosoph
Hermann Graßmann | 1809–1877 | Mathematiker, Sprachwissenschaftler, Physiker
Hermann von Helmholtz | 1821–1894 | Physiker, Universalgelehrter
Wilhelm Wundt | 1832–1920 | Physiologe
Ewald Hering | 1834–1918| Physiologe
Wilhelm von Bezold | 1837–1907 | Physiker
Wilhelm Ostwald | 1853–1932 | Universalgelehrter
Adolf Hölzel | 1853–1934 | Maler und Dozent
Albert Henry Munsell | 1858–1918 | Maler
Robert Thomas Dietrich Luther | 1868–1945 | Photograph
Paul Baumann | 1869–1961 | Farbtonkartenhersteller und Verleger
Otto Prase | 1874–1956 | Malermeister
Erwin Schrödinger | 1887–1961 | Quantenphysiker
Johannes Itten | 1888–1967 | Bauhausmeister (Malerei)
Josef Albers | 1888–1976 | Malerei, Kunsttheorie
Hinnerk Scheper | 1897–1957 | Bauhausmeister (Malerei) und Farbgestalter
Siegfried Rösch | 1899–1984 | Mineraloge
Manfred Richter | 1905–1990 | Physiker
Heinrich Frieling | 1910–1966 | Farbenpsychologe, Zoologe
Max Lüscher | * 1923 | Schweizer Psychologe und Philosoph, entwickelte und veröffentlichte 1947 den Lüscher-Farbtest
Harald Küppers | * 1928 | Experte für Drucktechnik und Farbentheorie
STICHWORTE
Farben | Farbenlehre | Farbtheorien | Farbpsychologie | Farbpigmente | Farbphysik | Farbkreis | Kütters | Itten | Munsell | Licht | Farbkontraste | Komplementärfarben | Farbmodelle | Farbigkeit | Kolorit | Harmonie | Licht und Schatten | Farbindustrie | Öl | Acryl | Gouache | Aquarell | Tempera | Mineralien | Technik | Unfarben | Cyan | Gelb | Magenta
ZITATE
„Ich habe nichts dagegen, wenn man die Farbe sogar zu fühlen glaubt;
ihr eigenes Eigenschaftliche würde nur dadurch noch mehr betätigt.“ | Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
„Die Erfahrung lehrt uns, daß die einzelnen Farben besondre Gemütsstimmungen geben.“ | Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
„Statt zu versuchen, genau das wiederzugeben, was ich vor Augen habe, bediene ich mich der Farbe viel willkürlicher, um mich kraftvoll auszudrücken.“ | Vincent van Gogh (1853 – 1890)
„Er [Goethe] liest uns jetzt über die Farben, sagt, daß sie in unsern Augen liegen, drum verlange das Auge die Harmonien der Farben, wie das Ohr der Töne.“ |Charlotte von Stein (1742 – 1827), Hofdame der Herzogin Amalie in Weimar, 1775 verliebte Goethe sich in sie | In einem Brief an ihren Sohn Fritz am 15. Februar 1806
BIBLIOGRAPHIE
Johannes Itten: Kunst der Farbe: Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst. Studienausgabe. Otto Maier Verlag, Ravensberg 1961, Verlag Seemann, 2001, ISBN 3-363-00980-1.
Karl-Otto Jung: Farben-Sehen. Zum künstlerischen Gebrauch der Farben. Galda + Wilch Verlag, Glienicke/Berlin/Cambridge 1988, ISBN 978-3-931397-19-7.
Harald Küppers: Farbe verstehen und beherrschen. Praktische Farbenlehre. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2004, ISBN 3-8321-7434-6.
Harald Küppers: Das Grundgesetz der Farbenlehre. DuMont, Köln 1978; 10. Auflage ebenda 002, ISBN 3-8321-1057-7, Taschenbuch. Kompendium und didaktische Konzeption für den Unterricht.
Harald Küppers: Einführung in die Farbenlehre. DuMont, Köln 2005, ISBN 978-3-8321-6403-4.
Ellen Marx: Farbintegration und Simultankontrast. Muster-Schmidt, Zürich/Göttingen 1989, ISBN 3-7881-4045-3.
Albert Henry Munsell: A Color Notation. Boston 1905.
Albert Henry Munsell: The Atlas of the Munsell Color System. Boston 1915.
Johannes Pawlik: Theorie der Farbe. DuMont, Köln 1990, ISBN 3-7701-0510-9.
Johannes Pawlik: Praxis der Farbe. Bildnerische Gestaltung. DuMont, Köln 1981, ISBN 3-7701-1238-5.
Werner Spillmann: Farb-Systeme 1611-2007. Farb-Dokumente in der Sammlung Werner Spillmann. Schwabe, Basel 2009–10.
Klausbernd Vollmar: Sprache und Macht der Farben. ars momentum, Witten 2007, ISBN 978-3-938193-34-1.
Moritz Zwimpfer: Farbe.Licht.Sehen.Empfinden. – Eine elementare Farbenlehre in Bildern. Paul Haupt, Bern/Stuttgart 1985, ISBN 3-258-03504-0.
LINKS
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Die Farblehre nach Johannes Itten | Der Kunsterklärer | Unser heutiges Verständnis von den Farben beruht zu großen Teilen auf dem Farbsystem von Johannes Itten (1888 – 1967). Sein Farbkreis und die Definition der wichtigsten Kontraste sind für unsere Bildbetrachtung und -analyse unverzichtbare Grundlagen. In diesem Video betrachten wir Ittens Farblehre, seinen Farbkreis und die sieben Farbkontraste | YouTube
DEFINITION FARBENLEHRE
Wissenschaft der Farben | Grundlage für die Kunst, Farben zu nutzen | Ordnung der Farben in Systeme | Wahrnehmung der Farben durch Menschen | Grundlagen zum Mischen von Farben | Farbharmonie | Farbgegensätze
CHRONOLOGIE
Goethes Farbverständnis
Goethe beschäftigte intensiv auch mit dem Wesen „Der Farbe“, die in seinem Gesamtweltbild als Einheit stand, und mit der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farbe | Rund 150 Jahre nach Newtons wissenschaftlichen Experimenten mit Licht nahm er an, dass weißes Licht nicht additiv aus verschiedenen Spektralfarben zusammengesetzt ist, sondern dass die Farben durch eine dualistische Wechselwirkung von Licht und Finsternis entstünden | Ihn interessierte das Phänomen der farbigen Schatten als Teil einer wesensgemäßen Farbtheorie | Die Newtonsche Optik zeigte wissenschaftlich, dass ein Farbspektrum von einem im Prisma gebrochenen Lichtstrahl ausgeht. Goethe meinte von seinen Lichtexperimenten ableiten zu können, dass durch „Übereinanderschieben“ von Hell und Dunkel im Prisma ein gelber und ein blauer Rand entstünde. Diese Ränder vermischten sich je nach dem Anteil von Hell und Dunkel zu Grün oder Rot, so entstünden die Farben des Regenbogens – rot, gelb, grün, blau, violett | Gelb bedeute einen größeren Hellanteil, Blau überwiegendes Dunkel | In Goethes Verständnis der Farbigkeit ist die Harmonie von Farbe im Kampf zwischen Hell und Dunkel zu suchen. Gelb, der „Sieg“ des Hellen, habe eine leichtlebige Wirkung, Blau eine dämpfende. Purpur sei die höchste Steigerung, weil sich die Gegensätze die Waage hielten.
Am Schluss seines Werkes Zur Farbenlehre (1810) behauptete Goethe noch folgende dualistische Grundphilosophie, in der Auseinandersetzung mit Newtons optischen Experimenten von 1666 | „Das Licht ist das einfache, unzerlegteste, homogenste Wesen, das wir kennen. Es ist nicht zusammengesetzt. Am allerwenigsten aus farbigen Lichtern. Jedes Licht, das eine Farbe angenommen hat, ist dunkler als das farblose Licht. Das Helle kann nicht aus Dunkelheit zusammengesetzt sein. – Es gibt nur zwei reine Farben, Blau und Gelb. Eine Farbeigenschaft, die beiden zukommt, Rot, und zwei Mischungen, Grün und Purpur; das übrige sind Stufen dieser Farben oder unrein. – Weder aus apparenten Farben kann farbloses Licht noch aus farbigen Pigmenten ein weißes zusammengesetzt werden. Alle aufgestellten Experimente sind falsch oder falsch angewendet.“ | Zwei Jahrhunderte nach der Veröffentlichung von Goethes Werk besitzt sein Beitrag „Zur Farbenlehre“ vorwiegend kulturhistorische Bedeutung. Seine Überlegungen zu den physiologischen Farben und deren Wirkung für den Betrachter wurden aufgegriffen und weiterentwickelt. Seine Beobachtungen und Methoden in Bezug auf die Wirkung der Farben sind als Beginn der modernen Farbpsychologie anzusehen. Farbe beeinflusse das Gefühl und wirke dadurch direkt auf die „Seele“ und somit auch auf die Einheit von Körper und Geist. Goethe unterteilte in „schöne“, dem Betrachter sympathische, Farben und jene, die dem Auge weh täten und somit unsympathisch seien.
Eugène Chevreul und Gertrud Grunow
Eugène Chevreul befasste sich mit dem intensitätssteigernden Simultankontrast der Pigmente in ihrer industriellen und künstlerischen Bedeutung | Gertrud Grunow befasste sich dagegen mit den entsprechenden motorischen Wirkungen der Farbe
Physikalische Ansätze
James Clerk Maxwell wies 1861 nach, dass sich jede Farbe aus den Primär- oder Grundfarben Rot, Grün und Blau zusammensetzt | sogenannte ‚Farb’lichter |
Mit dem Einsetzen der Industrialisierung stiegen die Anforderungen der Unternehmen an eine Normierbarkeit von Farbe | Die Entwicklung der Photographie, die Entdeckung neuer Elemente durch die Methode der Spektralanalyse beförderte die Fragestellungen nach Ursachen und Zusammenhängen | Ostwalds Farblehre sollte ein Hilfsmittel für den Maler sein, sein Ausgang aber war das gegensätzliche, physikalische Verständnis von Farbe mittels seiner Energieauffassung.
Munsell-Farbsystem
Der amerikanische Maler A.H.Munsell gestaltete einen Katalog von Farben so, dass zwischen allen Farbnuancen seiner Empfindung nach gleiche Abstände entstanden | „A Color Notation“ von 1905 ist ein Atlas von Farbproben | Dabei war er zunächst nach N. O. Roods ebenfalls vom damals üblichen Farbkreis ausgegangen | Der Farbkreis wirkte als ideale Figur glaubhaft für die Sensitivität der Farben | Doch während seiner Entwicklung kam er darauf, dass sich der Kreis und dreidimensional die Farbkugel nicht bestätigen ließen | Mit den in den 1900er Jahren zugänglichen Farbmitteln formulierte er so einen Farbraum. Dem Farbton («Hue») ordnete er 100 Stufen zu, wobei er von fünf Hauptfarben (yellow-green-blue-purple-red) und fünf Nebenfarben (YG>BG>PB>RP>YR) ausgeht. Für die Ordnung der Farben in der dritten Dimension legte er zehn V-Units («value» = Helligkeitswert) zu Grunde. Hierzu teilte er die unbunten Farben zwischen Schwarz mit 0 und Weiß mit 100 in zehn Stufen von unterschiedlichen Neutralgrau. Als dritte Koordinate wählte er den C-Wert, die Chroma ist das Maß der Sättigung und sie wurde als offene Skala gewählt. Mit seiner Erfahrung als Maler kam Munsell zur Erkenntnis, dass sich die als Grundlage gewählten verschiedenen Grundfarben, Nebenfarben und Zwischentöne mit unterschiedlichen «chroma»-Stufen ausfärben lassen.
Farbkreis nach Johannes Itten (1961)
Johannes Itten (1888–1967) war Zeichenlehrer am Bauhaus und differenzierte die Farbtöne durch die Komplementärfarben Orange, Grün und Violett | Er entwickelte einen neuen Farbkreis | Weiß und Schwarz bezeichnete er als „Nicht-Farben“ | Sein dreidimensionales Ordnungsmodell der Farben war die Kugel, welche Philipp Otto Runge im Jahre 1810 entwickelt hatte | Auf der Idee seines Lehrers Adolf Hölzel stellte er seine Theorie der „Sieben Farbkontraste“ auf | Diese stellte die gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung von Farben untereinander dar | Ist eine Harmonielehre!
Der Farbkörper der Farbenlehre nach Harald Küppers
Harald Liebedank Küppers –> technisch orientierte Farbenlehre (2. Hälfte des 20. Jahrhunderts) | „Funktionsprinzip des Sehorgans das Grundgesetz der Farbenlehre“ | Er definierte acht Farben, welche als deckende Farbmittel nicht durch Mischungen hergestellt werden können | Grundfarben sind sechs bunte und zwei unbunte | Sein dreidimensionales geometrisches Ordnungssystem der Farben ist ein Rhomboeder, ein über die senkrecht gestellte Schwarz-Weiß-Diagonale gestreckter RGB-Würfel | Die „reinen bunten Farben“ ordnet er auf seinem Buntarten-Sechseck an | Es gibt laut Küppers nur lineare Beziehungen zwischen sämtlichen Farbnuancen | Auf der „Unbuntachse“ des Rhomboeders liegen zwischen Schwarz und Weiß die Grautöne | Schwarz sei „die Basisempfindung des Sehorgans“ | In seinem „Basisschema der Farbenlehre“ weisen die schwarzen Rhomben in der Mitte auf drei „Urfarben“ („Empfindungskräfte“ des Sehorgans): Orangerot (R), Grün (G) und Violettblau (B). Durch jeweils zwei „Empfindungskräfte“ gemeinsam entstehen die anderen drei bunten Farbempfindungen Gelb (Y), Magentarot (M) und Cyanblau (C) | Wirken alle drei Empfindungskräfte gleichzeitig vollständig, führt das zur Farbempfindung Weiß!
Für deckende Farbmittel entwickelte er seine „Integrierte Farbmischung“ –> Die sechs bunten Grundfarben im Zackenring weisen auf die Ecken des Buntarten-Sechsecks hin. | Schwarz und Weiß an den Enden der „Unbunten-Geraden“ sind die unbunten Grundfarben | Küppers‘ Ansichten stehen vielfach im Widerspruch zum Stand der Wissenschaft.
WEGBEREITER
Demokrit | um 460 v. Chr. bis um 370 v. Chr. | Philosoph
Leonardo da Vinci |1452–1519 | Maler
Isaac Newton | 1643–1727 | Physiker
Louis-Bertrand Castel |1688–1757 | Mathematiker und Physiker
Tobias Mayer | 1723–1762 | Astronom, Geo- und Kartograf, Mathematiker und Physiker
Johann Heinrich Lambert | 1728–1777 | Mathematiker, Physiker
Christian Ernst Wünsch |1744–1828 | Mathematiker, Mediziner
Matthias Klotz | 1748–1821 | Maler
Johann Wolfgang von Goethe | 1749–1832 | Schriftsteller, Universalgelehrter
Christian Friedrich Prange | 1752–1836 | deutscher Akademiker im Bereich der bildenden Künste
Arthur Schopenhauer | 1788–1860 | Philosoph
Thomas Young | 1773–1829 | Augenarzt und Physiker
Philipp Otto Runge | 1777–1810 | Maler
George Field | 1777–1854 | englischer Chemiker
Eugène Chevreul | 1786–1889 | Farbchemiker
Jan Evangelista Purkyně | 1787–1869 | Sinnesphysiologe
Gustav Theodor Fechner | 1801–1887 | Mediziner, Naturphilosoph
Hermann Graßmann | 1809–1877 | Mathematiker, Sprachwissenschaftler, Physiker
Hermann von Helmholtz | 1821–1894 | Physiker, Universalgelehrter
Wilhelm Wundt | 1832–1920 | Physiologe
Ewald Hering | 1834–1918| Physiologe
Wilhelm von Bezold | 1837–1907 | Physiker
Wilhelm Ostwald | 1853–1932 | Universalgelehrter
Adolf Hölzel | 1853–1934 | Maler und Dozent
Albert Henry Munsell | 1858–1918 | Maler
Robert Thomas Dietrich Luther | 1868–1945 | Photograph
Paul Baumann | 1869–1961 | Farbtonkartenhersteller und Verleger
Otto Prase | 1874–1956 | Malermeister
Erwin Schrödinger | 1887–1961 | Quantenphysiker
Johannes Itten | 1888–1967 | Bauhausmeister (Malerei)
Josef Albers | 1888–1976 | Malerei, Kunsttheorie
Hinnerk Scheper | 1897–1957 | Bauhausmeister (Malerei) und Farbgestalter
Siegfried Rösch | 1899–1984 | Mineraloge
Manfred Richter | 1905–1990 | Physiker
Heinrich Frieling | 1910–1966 | Farbenpsychologe, Zoologe
Max Lüscher | * 1923 | Schweizer Psychologe und Philosoph, entwickelte und veröffentlichte 1947 den Lüscher-Farbtest
Harald Küppers | * 1928 | Experte für Drucktechnik und Farbentheorie
STICHWORTE
Farben | Farbenlehre | Farbtheorien | Farbpsychologie | Farbpigmente | Farbphysik | Farbkreis | Kütters | Itten | Munsell | Licht | Farbkontraste | Komplementärfarben | Farbmodelle | Farbigkeit | Kolorit | Harmonie | Licht und Schatten | Farbindustrie | Öl | Acryl | Gouache | Aquarell | Tempera | Mineralien | Technik | Unfarben | Cyan | Gelb | Magenta
ZITATE
„Ich habe nichts dagegen, wenn man die Farbe sogar zu fühlen glaubt;
ihr eigenes Eigenschaftliche würde nur dadurch noch mehr betätigt.“ | Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
„Die Erfahrung lehrt uns, daß die einzelnen Farben besondre Gemütsstimmungen geben.“ | Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
„Statt zu versuchen, genau das wiederzugeben, was ich vor Augen habe, bediene ich mich der Farbe viel willkürlicher, um mich kraftvoll auszudrücken.“ | Vincent van Gogh (1853 – 1890)
„Er [Goethe] liest uns jetzt über die Farben, sagt, daß sie in unsern Augen liegen, drum verlange das Auge die Harmonien der Farben, wie das Ohr der Töne.“ |Charlotte von Stein (1742 – 1827), Hofdame der Herzogin Amalie in Weimar, 1775 verliebte Goethe sich in sie | In einem Brief an ihren Sohn Fritz am 15. Februar 1806
BIBLIOGRAPHIE
Johannes Itten: Kunst der Farbe: Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst. Studienausgabe. Otto Maier Verlag, Ravensberg 1961, Verlag Seemann, 2001, ISBN 3-363-00980-1.
Karl-Otto Jung: Farben-Sehen. Zum künstlerischen Gebrauch der Farben. Galda + Wilch Verlag, Glienicke/Berlin/Cambridge 1988, ISBN 978-3-931397-19-7.
Harald Küppers: Farbe verstehen und beherrschen. Praktische Farbenlehre. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2004, ISBN 3-8321-7434-6.
Harald Küppers: Das Grundgesetz der Farbenlehre. DuMont, Köln 1978; 10. Auflage ebenda 002, ISBN 3-8321-1057-7, Taschenbuch. Kompendium und didaktische Konzeption für den Unterricht.
Harald Küppers: Einführung in die Farbenlehre. DuMont, Köln 2005, ISBN 978-3-8321-6403-4.
Ellen Marx: Farbintegration und Simultankontrast. Muster-Schmidt, Zürich/Göttingen 1989, ISBN 3-7881-4045-3.
Albert Henry Munsell: A Color Notation. Boston 1905.
Albert Henry Munsell: The Atlas of the Munsell Color System. Boston 1915.
Johannes Pawlik: Theorie der Farbe. DuMont, Köln 1990, ISBN 3-7701-0510-9.
Johannes Pawlik: Praxis der Farbe. Bildnerische Gestaltung. DuMont, Köln 1981, ISBN 3-7701-1238-5.
Werner Spillmann: Farb-Systeme 1611-2007. Farb-Dokumente in der Sammlung Werner Spillmann. Schwabe, Basel 2009–10.
Klausbernd Vollmar: Sprache und Macht der Farben. ars momentum, Witten 2007, ISBN 978-3-938193-34-1.
Moritz Zwimpfer: Farbe.Licht.Sehen.Empfinden. – Eine elementare Farbenlehre in Bildern. Paul Haupt, Bern/Stuttgart 1985, ISBN 3-258-03504-0.