Arbeiten und Kunstwerke von Laura Eckert
Laura Eckert
Biografie Laura Eckert
© Craig Stennett (Photojournalist)
1983 Geboren in Trier
2002 Abitur
2003 – 2005 Studium der Ethnologie/Kunstgeschichte und Soziologie an den Universitäten in Halle und Leipzig | Tutorin/ Einführung in die Ethnologie, Universität Halle/ Wittenberg
2005 – 2006 Studium der Kunstpädagogik bei Magdalena Drebber/ HKD Burg Giebichenstein
2006 – 2008 Studium der Bildhauerei bei Prof. Göbel/ HKD Burg Giebichenstein
2008 – 2011 Studium Bildhauerei/ Figur bei Prof. Bruno Raetsch an der HKD Burg Giebichenstein, Tutorin plastische und zeichnerische Grundlagen
2011 Diplom Bildhauerei/ Schwerpunkt Figur/ HKD Burg Giebichenstein
2012-2014 Atelier- und Ausstellungsstipendium des „a room that“ Spinnerei/ Leipzig
2017/2020 Lehrauftrag an der HKD Burg Giebichenstein Halle
Ausstellungen Laura Eckert
Einzelausstellungen
2023
Die Machbarkeit von Körpern, Het Depot Wageningen, N
2022
Von Innen nach Aussen, Laura Eckert und Isa Stein, Galerie Schloss Parz, Griesskirchen, Österreich
2019
Laura Eckert und Stefan Schiek – Skulptur und Malerei, Jenaer Kunstverein
2018
Laura Eckert – Skulpturen, Städtische Galerie Wels, Österreich mit Mary Fernety
Laura Eckert – Bildhauerei, Lippische Gesellschaft für Kunst e. V.
Detmolder Schloss, Detmold 15.April – 20. Mai
2017
Transition, Galerie Mokum, Amsterdam, Niederlande mit Sam Drukker
2016
Schichtwechsel, Museen Böttcherstraße, Bremen (K)
2015
Corporeal, Drents Museum Niederlande (September – Januar 2016 + Überblickskatalog)
2014
Wettbewerbs- und Preisausstellung Ramboux Preis, Stadtmuseum
Simeonstift, Trier (S) (K)
Gruppenausstellungen
2023
The Female Gaze, Goethe Institut Hong Kong
[ materialistin ] superstrings, Kunstverein Wagenhalle, Stuttgart
2022
Holzwege, Schloss Hellenstein, Heidenheim
[ materialistin ], Forum Kunst Rottweil
Barlach und die jungen Wilden, Barlachmuseen Güstrow
Groupshow, GalerieVCRB, Antwerpen, BE
Minerve et Venus d´hier et de demain, Laura Eckert et Carolein Smit, Galerie Hayem, Paris, Frankreich
2021
Three, Galerie VCRB, Antwerpen, Belgien
2019
! Leipziger Jahresausstellung, Werkschauhalle, Baumwollspinnerei Leipzig
Gestaltung der Zukunft- Stipendiat*innen des Künstlerhauses Schloss Balmoral und des Landes Rheinland-Pfalz, Arp Museum Rolandseck
2018
er was eens – es war einmal, Kunstfestival Damme, Belgien
Che Resta – Was Bleibt, Casale Monferrato, Italien
2017
Che Resta – Was Bleibt, Galerie Schloss Parz, Österreich
Che Resta – Was Bleibt, Palazzo Ducale, Mantua, Italien (K)
what about me?, de Vishaal, Haarlem, Niederlande
2015
Aus der Tiefe des Leipziger Raumes, Galerie Schloss Parz, Österreich
2014
Winter- und Sommerrundgang auf dem Spinnereigelände/ Artroom/ Leipzig
Benefizauktion zugunsten der Halle 14 / Spinnerei/ Leipzig
Kunstwoche Kleinmachnow/ Kunstverein “Brücke”, Kleinmachnow
2013
Sommer- und Herbstrundgang auf dem Spinnereigelände / Artroom/ Leipzig
Ergens tussen markt en maan – The Leipzig Project, Mechelen, Belgien
Kleiner Winterrundgang auf der Spinnerei im Artroom, Leipzig
Nord Art, Kunstwerk Carlshütte, Büdelsdorf (K)
Auszeichnungen Laura Eckert
2012 Ausstellungsstipendium, Kunst Direkt/ Mainz
Projektbezogenes Arbeitsstipendium des Landesverwaltungsamt Sachsen Anhalt
April 2012- April 2014 Zweijähriges Atelier- und Ausstellungsstipendium auf der Spinnerei Leipzig, finanziert durch das gemeinnützige Projekt “a room that” (ArtRoom) der Contas KG
2014 Ramboux Preis der Stadt Trier
2018 Projektstipendium (Juni-November) finanziert durch Schloss Balmoral, Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur
2020 Stipendium durch die Kulturstiftung des freistaates Sachsen (Denkzeit)
2021 Arbeitsstipendium durch die Stiftung Kulturwerk der VG Bildkunst
Arbeitsstipendium durch die Kulturstiftung des freistaates Sachsen
2022 Shortlist für den Phoenix Kunstpreis
Arbeitsstipendium durch Stiftung Kunstfonds
Videos Laura Eckert
Texte zu Laura Eckert
Dr. Frank Schmidt
Laura Eckert. Schichtwechsel
Auf Blickhöhe der Tischplatte erkennt man sie am besten: die Dielen des Eichenparketts. Terrassenartig steigen sie in unregelmäßiger Formation Schicht um Schicht zu einem Gebirge aus dunklem Holz an. Erst in der Draufsicht wird deutlich, dass sich in Signs of Sleep eine schlafende weibliche Figur aus der Grundplatte herausbildet. Sind Kopf, Oberkörper und linkes Bein detaillierter herausgearbeitet, verliert sich das angewinkelte rechte Bein in groben Holzelementen.Dieser Wechsel zwischen plastischen Körperteilen und deren Dekonstruktion ist charakteristisch für die Arbeitsweise von Laura Eckert. Die Art, wie in Signs of Sleep eine Figur aus dem Grund herauswächst und sich doch gleichzeitig im Raum verliert, fasziniert und befremdet im selben Augenblick. Vermittelten Skulpturen der Antike oder Renaissance mit dem vollkommenen Körper auch ein ideales Menschenbild, sind die Figuren der jungen Leipziger Bildhauerin zerklüftet und unvollständig, ohne allerdings verletzt oder gar amputiert zu wirken. Vielmehr vermitteln die Torsi ein sich formal wie inhaltlich äußerndes transitorisches Moment. Hier kommt dem Material eine große Bedeutung zu. Körper und das Rohmaterial Holz stehen in Widerstreit zueinander und ergänzen sich zugleich. Eindrucksvoll vermittelt dies M.I.A. Von ihrer Anlage her erinnert die Skulptur an einen Kentaur, bei dem nun allerdings der menschliche Unterkörper in ein abstraktes Lattenkonstrukt übergeht. Die bestechende, wie aus einem Guss erscheinende Gesamtform verhindert, dass die Figur trotz dieser Transformation disharmonisch oder unnatürlich wirkt. Unter der ›Verkleidung‹ könnte eine sich die Haare waschende Frau in der Art von Edgar Degas, aber auch ein Ringer oder ein American-Football-Spieler verborgen sein. Die offene Struktur ermöglicht eine Vielzahl an Deutungen. Darüber hinaus hat der vordere Teil auch eine ganz praktische, weil stützende Funktion. Die spitz zulaufenden und dadurch gefährlich wirkenden Dielen mögen zum Titel angeregt haben: Der aus dem militärischen Jargon stammende Begriff MIA – missing in action [= vermisst im Kampf] – soll aber keinesfalls beschreibend oder anekdotisch verstanden werden. Nur wenige Eckert-Arbeiten tragen überhaupt einen Titel, der ihnen zudem erst nach Vollendung assoziativ und dabei meist von Dritten gegeben wurde. Lassen sich von der Seite betrachtet noch Arme und die Idee eines Kopfes ausmachen, löst sich M.I.A. in der Frontalsicht in eine Kaskade aus rohen, unbearbeiteten Planken auf. Der Künstlerin ist diese Allansichtigkeit ihrer Skulpturen wichtig, deren Facetten sich erst im Umschreiten erschließen.
Auch die beiden komplementären Wandarbeiten Geist und Körper sowie Körper und Geist vermitteln die ungewöhnliche Herangehensweise der Künstlerin. Der angedeutete Körper der weiblichen Büste ist auf ein kubistisches Stillleben aus gefundenen Holzelementen reduziert, das gleichzeitig als eine Art Sockel fungiert. Der Kontrast zur detaillierter gearbeiteten und dazu weiß gefassten Büste wird durch diese im Vergleich grob wirkenden Elemente und die ebenfalls grob abstrahierte Haartracht noch unterstrichen. Diese skizzenhafte Rahmung intensiviert die Unmittelbarkeit und Lebendigkeit des Kopfes.
In der zweiten Wandarbeit findet eine Umkehrung statt. Der aus nahezu unbearbeitet belassenen Elementen grob geschichtete Torso lastet schwer auf den vergleichsweise frei herabhängenden Beinen. Erneut ist ein gewichtiger Teil des Körpers in eine Art kubistisches oder konstruktivistisches Stillleben aufgefächert, das zahlreiche Deutungen eröffnet. Bewusst oder unbewusst fließen in Eckerts Arbeiten bisweilen Zitate aus der Kunstgeschichte ein. So könnten die Beine von einer Christusfigur am Kreuz stammen. Die Künstlerin lässt derartige Assoziationen zu, belässt sie aber im Unbestimmten. Der Rückgriff auf historische oder motivisch konnotierte Formen und deren gleichzeitige Aufhebung und Dekonstruktion ermöglichen neue Denk- und Deutungsanstöße, die, wenn auch nicht zwangsläufig, durch den Titel mit befördert werden können. Aus diesem Prozess, der mit einer größtmöglichen Reduzierung individueller Züge einhergeht, resultiert eine Verallgemeinerung der Aussage.
Neben den ganzfigurigen Arbeiten nimmt die Gruppe der Köpfe den größten Raum im Werk von Laura Eckert ein. Erneut findet eine feinere Bearbeitung und damit Akzentuierung von dem grob belassenen Oberkörper hin zu Kopf und Gesicht statt. Dabei fällt auf, dass materialbedingte Risse und Unebenheiten bewusst stehen gelassen und, wenn überhaupt, leicht abgemildert werden. Selbst durch die farbige Fassung wird der Holzcharakter aller ihrer Arbeiten nicht negiert. Struktur, Materialität und Anmutung des Werkmaterials, seien es die verschiedenen Hölzer oder der von der Künstlerin ebenfalls bearbeitete Marmor, sind konstruktiver Teil der Arbeiten und bleiben jederzeit erfahrbar. Aus der Verschiebung von einem konventionellen Abbild zur konstruktiven Materialansichtigkeit erwächst – nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Brüchigkeit – die Modernität der Werke.
Wie Porträtbüsten des Mittelalters oder der Renaissance sind auch Eckerts Köpfe zumeist frontal und axial ausgerichtet. Diese formale Strenge sowie der zumeist sinnende bis traurige Blick ihrer Protagonisten erzeugen einen ruhigen, kontemplativen Ausdruck. Der Vergleich mit einer Reliquienbüste aus der Sammlung von Ludwig Roselius mag die lange Tradition dieses Typus veranschaulichen. Das Gegenüber mit den Köpfen von Laura Eckert verdeutlicht zudem, dass ihr Verzicht auf Arme und Hände ein erzählerisches Moment von vorneherein unterbindet. So stellen Eckerts Arbeiten auch keine Porträts im herkömmlichen Sinne dar. Sie verwendet keine Modelle oder Skizzen. »Die Köpfe entstehen einfach oder sie ergeben sich aus der Form des Holzstücks. Manchmal beruhen sie auf dem Gesicht eines Menschen, den ich im Vorbeigehen wahrgenommen habe«, so Eckert. Im dynamischen Spannungsfeld zwischen Abbild und freier künstlerischer Gestaltung, zwischen Gesehenem, Erinnertem und Erfundenem werden Brüche sichtbar. Ganz bewusst setzt die Künstlerin auf das Moment der Irritation und Unschärfe, das aus der Verfremdung eines klassischen Figuren- oder Porträtschemas erwächst.
Das solchermaßen evozierte Idealbild des Menschen wird – bedingt durch den Arbeitsprozess und die verwendeten Materialien – wieder dekonstruiert. Mit dieser formalen Verfremdung einher geht zugleich eine inhaltliche Dekonstruktion des Menschenbildes. In der überlebensgroßen Skulptur Der Mann ohne Eigenschaften von 2011 nimmt die Künstlerin auch im Titel auf diesen Aspekt ihrer Arbeit Bezug. In seiner archaischen Auffassung gemahnt die Figur an eine antike Gottheit, an eine sphingenähnliche Wächterfigur, welche die Zeiten trotz einiger Verletzungen überdauert hat. Die einst vollkommene Skulptur hätte – nach dieser Lesart – durch äußere Einflüsse an Substanz verloren. Unter dem Blickwinkel des Entstehungsprozesses, der Eckerts Figuren inhärent ist, ändert sich auch die Wahrnehmung und der inhaltliche Zugriff. Der Unterschied zu antiken Werken wird nun offensichtlich, waren diese doch nie als Torsi konzipiert. Das Non-finito als künstlerisches Konzept ist im Großen und Ganzen eine Errungenschaft der Moderne, wie sie im 19. Jahrhundert durch die Impressionisten und, im Bereich der Bildhauerei, durch Auguste Rodin etabliert wurde: Es ermöglichte eine inhaltliche Konzentration bei Verzicht des vom Künstler als überflüssig Betrachtetem. Im Falle von Laura Eckert werden noch andere Aspekte relevant: Sie vermittelt die Erkenntnis der Unvollkommenheit ihrer Zeit oder besser das Wissen um die Unfähigkeit, das eigene Ich oder das des Gegenübers entschlüsseln zu können. Ihre Protagonisten scheinen gefangen in ihrem Körper, behaftet mit den Wunden der Erinnerung und unfähig, aus diesem Korsett auszubrechen.
Die Skulptur unserer Zeit spiegelt diese Probleme auf mannigfache Weise. In der Verfremdung des klassischen Menschenbildes sehen heutige Künstler die einzige Möglichkeit, sich überhaupt noch in diesem Medium mit dem Menschen zu befassen. Wenn Laura Eckert ihre Skulpturen in Schichten aufbaut, erinnert dies an das additive Verfahren, wie wir es heute bei 3-D-Druckern oder – in der Kunst – von Skulpturen eines Tony Cragg kennen. Für die Künstlerin bietet dies die Möglichkeit, aufbauend auf einem konstruktiven Grundprinzip, sich immer wieder neu mit der Tradition der Skulptur und der Idee des Menschen auseinanderzusetzen. Mit Holzdielen als einem bereits verwerteten und industriell konnotierten Material baut sie etwa eine Figur in Signs of Sleep auf. Der Zufall und der intuitive Einfall spielen bei diesem offenen Verfahren eine entscheidende Rolle.
Im ambivalenten Spannungsfeld von Materialgebundenheit und figurativer Offenheit bringt Laura Eckert die Ungewissheit ihrer Generation zum Ausdruck.
Die in einem technischen Sinne »viel-Schichtigen« Werke bergen unterschiedliche Sichtweisen: Sie animieren den Betrachter zur aktiven Partizipation und, analog zur Viel-Dimensionalität unserer Zeit, zur Findung einer eigenen Perspektive.
Arbeiten und Kunstwerke von Laura Eckert | offizielles Künstler Portfolio des KünstlersLaura Eckert bei der Galerie Cyprian Brenner (gcb))